Das Tagebuch von Anton vom Fuße des Westerwaldes

 

41,25 kg Er hat mir Blut abgenommen Gleich geht es weiter Ich bin kaputt Sitzblockade Mitnehmen oder �berfahren! Irgendwie geht es... ..mir gar nicht gut. Suchbild Mein Lieblingsversteck Trauriger Ritter Ein kecker Blick Mein Lieblingsplatz bleibt der Platz unterm Haselnussbusch Warten auf Godot Jeden Morgen... Arztbesuch

<<<... Meine Müdigkeit wird immer schlimmer. Wenn man es recht sieht, verpenne ich den ganzen Tag und die ganze Nacht und wenn jemand ruft, dass wir in den Park gehen sollen, dann verkrieche ich mich in den Wintergarten und hoffe, sie gehen ohne mich. Aber fangen wir weiter zurück an:

 

 

Nach den Modelaufnahmen beim Tierarzt habe ich weiterhin jedes Futter abgelehnt. Herrchen war mit mir ein paar Tage alleine und hat mir drei Mal täglich mein normales Futter kurz hingestellt, aber ich habe es nicht angeschaut. Dann hat er es gar den ganzen Tag einfach stehen gelassen, aber es hat mich nicht interessiert.
Nachdem ich so drei Kilo abgehungert habe, musste ich wieder zum Tierarzt auf den Tisch. Der hat mir ein paar Hektoliter Blut abgezapft und mit einem Kräftigungspräparat gespritzt und wieder nach Hause geschickt. Nach zwei Tagen hatten wir die Diagnose: eine Schilddrüsenunterfunktion. Therapie: morgens und abends eine Tablette.

Deshalb also bin ich immer so müde, vielleicht habe ich auch deshalb heutzutage mehr Angst vor den Geräuschen des Regens auf dem Wintergartendach als früher. Aber der Appetit kommt damit noch nicht zurück!

 

Der Tipp von der Züchterin meiner Mutter brachte mich dann zurück an den Fressnapf. Frischer grüner Pansen, Reis, Penne, gekochtes Backenfleisch, das Haus riecht herrlich und ich mache wieder jeden Fressnapf in unter drei Sekunden leer. Aber:

Beim Spazierengehen knicke ich immer öfter mit den Hinterpfoten ein, so dass ich unversehens auf dem Hintern lande. Ich tue so, als sei das gewollt, und kratze mich rasch ein wenig hinter dem Ohr. Aber meine Leute haben es trotzdem bemerkt. Und so bin ich schon wieder beim Tierarzt auf dem Tisch.

 

Beim heutigen Wiegen (Bild 1) hatte ich wieder 41,25 kg, nachdem ich schon auf unter 39 kg gerutscht war. Dann bekam ich wieder etwas Blut abgenommen und dann eine Narkose, denn nun muss ich geröntgt werden. Als ich das Mittel in die Vorderhand gespritzt bekam, habe ich mich doch etwas aufgeregt; Herrchen fühlte mein Herz rasen, aber es war gut, dass er mich fest im Arm hielt. In seiner Nähe ist mir noch nie etwas Schlimmes passiert. Langsam sind mir dann die Vorderpfoten weggerutscht und mein Kopf ist immer schwerer geworden und Herrchen hat mich vorsichtig flach hingelegt. Der Tierarzt hat dann mein Maul aufgespreizt und die Zunge festgeklebt, damit ich mich nicht verschlucken kann. Als er mir den Tubus einführte, damit ich weiter Luft bekomme, habe ich schon nicht mehr reagieren können.

Wenn ich wieder wach werde, wird Herrchen mich aus dem Aufwachraum abholen, in dem ich gerade erst als Model gearbeitet habe. Wir werden dann wissen, warum meine Hinterbeine plötzlich so spinnen und ganz tolle weisse Zähne sollte ich dann auch gleich wieder haben.

 

Am Abend hörte ich im Aufwachraum endlich Herrchens Stimme. Die Praxis war schon seit ein paar Stunden geschlossen und ich hatte tief und fest durchgeschlafen. Seine Stimme aber brachte mich auf die Vorderpfoten, und ich fing an, ein wenig in meiner Box zu randalieren, schließlich hatte er mich lange genug warten lassen. Aber die Herren ließen sich Zeit, sprachen über meine Wirbelsäule und weil sie Doctores sind, gaben sie fürchterlich mit ihren Lateinkenntnissen an: Spondylosis deformans war ihr Gesprächsthema. Im Hals- und im Brustwirbelbereich sahen sie die vergrößerten Randzacken an den Wirbelkörpern, die vielleicht die Ursache seien, warum ich manchmal bei Bewegungen kurz quieke. Meine instabilen Hinterbeine führten sie aber auf die degenerative Veränderungen im Bereich meiner Lendenwirbel zurück.

Weil ich im Herbst 2006 gesundheitlich ziemlich angeschlagen war, hatten mein Herrchen und der Tierarzt damals keine HD-Untersuchung befürwortet. Nun aber konnte auch diese Frage geklärt werden, denn mein Tierarzt ist ein Gutachter für die Schäferhundzucht und kennt sich da gut aus. Er beurteilt mich als schlechtes A oder sehr gutes B, das heißt rückblickend, dass ich bessere Hüften habe als die meisten meiner Schwestern.

 

Endlich, endlich kam Herrchen in den Aufwachraum und machte mir die Tür auf. Ich wollte gleich auf ihn zulaufen, aber meine Hinterbeine funktionierten nicht. Überhaupt nicht. Ich habe gequitscht wie ein Schweinchen, auf dem Hintern gesessen und mit den Vorderbeinen versucht, mich vorwärts zu ziehen; es muss ein ganz erbärmlicher Anblick gewesen sein, denn alle waren froh, dass Frauchen in Berlin war und mich so nicht sehen und vor allem hören musste. Der Tierarzt sagte, ich sei so besoffen wie nach 10 Bier und beides, Jammern und Lähmung seien noch Folgen der Narkose. Damit wurde ich hinten ins Auto gehoben und durfte endlich nach Hause.

 

Zuhause bekam ich weiterhin nichts zu fressen, Wasser stand zwar da, aber ich hatte überhaupt keinen Durst, ich legte mich auf meine Decke und schlief wieder ein. Wenn ich wach wurde, habe ich gejammert, aber darüber bin ich immer wieder fest eingeschlafen. Kurz nach Mitternacht sollte ich noch mal vor die Tür, um Wasser zu lassen. Mit wackeligem Gang folgte ich Herrchen auf und ab, aber Körperfunktionen gab es noch keine und so wackelten wir zwei wieder zurück ins Haus.

 

Um halb vier morgens meldete sich dann doch meine Blase. Da es regnete und ich mich dann im Garten im Unterholz zu verstecken pflege, legte mich Herrchen an die Leine, bevor wir in den Garten gingen. Es hat geklappt! Ich konnte mich auf drei Beinen stehend halten und mich gefühlte 10 Minuten lang entleeren. Danach versuchte ich dann trotz Leine in den Büschen zu verschwinden, was Herrchen aber wohl missverstand, denn er ging mit mir danach noch in den Park. Aber ich musste gar nicht mehr; ich hatte ja gestern gar nichts zu fressen bekommen!

 

Heute morgen sieht die Welt schon wieder etwas besser aus. Ich kann laufen, ich kann pennen, ich kann fressen. Was will der Hund mehr?

 

* * *

 

Nun sind schon wieder einige Tage vergangen, und ich muss zugeben, ich bin in den letzten vier Wochen um Jahre gealtert. Mein Gang ist wackelig, meine Fresslust weggeblasen. Herrchen und Frauchen bieten mir heute das an, was ich gestern liebend gerne gefressen habe, aber ich mag es nicht einmal mehr riechen. Ich könnte verstehen, wenn sie ungehalten werden, schließlich sitzen sie auf Vorräten, die sie selbst auch nicht fressen mögen.
Ab und an muss ich mich übergeben, dabei fällt auf, dass das Fressen selbst nach Stunden noch nicht verdaut ist.

Irgend etwas stimmt nicht mit mir. Aber:

Aus der Ausfahrt kommt keiner mit dem Auto an mir vorbei (Bilder 5+6). Da mache ich eine Sitzblokade und lasse mich einladen, ehe mir wieder einer aus meinem Rudel davon kommt. Dabeisein ist immer noch das Größte überhaupt.

 

* * *

 

Wieder ist eine Woche ins Land gegangen. Für das Auto habe ich nun meine eigene Rampe bekommen, aber da iich meine Hinterpfoten nicht richtig unter Kontrolle habe, muss Herrchen mir trotzdem raufhelfen, sonst falle ich zur Seite runter. Selbstgekochtes oder Rohes fresse ich nicht mehr, Dosenfleisch -egal ob Fisch oder Lamm, Huhn oder Wild- mag ich nicht mehr, Penne und Reis mag ich nicht mehr, nur mal ein Stückchen vom Brötchen oder einen kleinen Happen Leberwurst. Aber wehe, es sind Penne mit Leberwurst verschmiert, dann fresse ich lieber gar nichts. Mir ist permanent schlecht und manchmal übergebe ich mich, dazu braucht man nicht fressen.

Ich schlafe den ganzen Tag und die Nacht durch. Wenn man mich in den Garten lässt, verstecke ich mich unter Büschen (siehe Bilder) und bleibe dort stundenlang liegen. Jeden zweiten Tag sind wir beim Tierarzt.
Heute habe ich gehört, dass meine Schilddrüse dank der Medikamente fast normal produziert. Da aber die Antibiotika bisher gar nichts bewirkt haben, habe ich ab sofort ein stärkeres Mittel zu nehmen, dass man gegen Borreliose einsetzt. Zwar glaubt mein Tierarzt nicht, dass ich an Borreliose leide, die Ergebnisse des Blutbildes dazu sind auch noch nicht zurück, aber er sieht, dass es mir immer elender geht. Und Herrchen macht auch keinen glücklichen Eindruck auf ihn.

 

* * *

 

Bisher hieß die Seite Spondylose, weil eine Spondylose deformans mitursächlich für meine Probleme sein sollte, aber keB ist der viel bessere Titel, denn es gibt keinen eindeutigen Befund.

Seit Tagen nehme ich die Killerantibiotika, ich bin morgens und abends bei meinem Tierarzt und bekomme pro Besuch ein bis zwei Spritzen. Selbst wenn ich eine Borreliose hätte (das Labor arbeitet in diesen heißen Tagen ganz besonders langsam), müsste es mir schon etwas besser gehen, aber ich kann nicht mehr laufen, ich kann vor allem nicht mehr stehen. Mir brechen die Hinterbeine einfach weg. Beim Laufen trage ich Schuhe, da ich mir die Krallen blutig geschliffen habe. Nach zwei Hundert Metern brauche ich eine Pause. Fressen will ich nicht, mir ist nur schlecht, und wenn ich meinem Rudel zuliebe mir mein absolutes Lieblingsfressen, ein trockenes Brötchen, füttern lasse, kommt es nach einer halben Stunde wieder heraus.

Der Tierarzt und seine Praktikantin lassen mich bei jedem Besuch ein paar Meter auf der Straße gehen. Sie sehen jetzt auch, dass ich zusehens verfalle. Bis zu den Rippen ist er völlig klar, sagt der Tierarzt, dahinter herrscht Chaos. Er sucht einen Platz für mich, wo wir ein CT von meinem Kleinhirn machen können. Er meint, es kann nur noch das Kleinhirn sein...

 

Ich schlafe jetzt nachts wieder mit Herrchen in seinem Arbeitszimmer. So war es auch, als ich noch ganz klein war und zum ersten Mal ohne meine Mama und die Mädchen vom A-Wurf.

 

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