Das Tagebuch von Anton vom Fuße des Westerwaldes
<<<...Die Abstände zwischen meinen Eintragungen ins Tagebuch werden immer länger, was daran liegen mag, dass nicht viel Neues passiert in meinem Leben.
Mein Blutohr hat sich nicht völlig zurückgebildet; es ist zwar kein Blumenkohlohr geworden, aber ein paar Knubbel sind nun drin. Bei meinem Fell aber nicht sichtbar, nur ertastbar. Aber es dürfen ja nur zwei Menschen an meinen Ohren herumspielen und die nennen mein linkes Ohr jetzt das Rosenkohlohr. Damit kann ich leben.
Im übrigen meinen sie, ich sei ein Schienenfahrzeug, weil ich so vieles rountinemäßig richtig mache. Wenn sie einmal vorahnen, was als nächstes kommt, dann reden sie ganz gebildet von Antizipation, bei mir ist es der Bäri, das Schienenfahrzeug, der Kerli, der immer weiss, was gleich dran ist.
Eben in der Mittagspause macht sich ein uns bekannter Rechtsanwalt darüber lustig, dass ich länger an einer Stelle schnüffeln will, als Herrchen zu warten bereit ist. "Na, der hat auch seinen eigenen Kopf und will nicht, wie Sie wollen." Darauf hat Herrchen gekontert, dass das ihm mit seinem Zwergschnauzer nicht passieren könne, da dieser seit Monaten nur noch alleine durch den Park laufe und den Leinenzwang völlig ignoriere.
Unser Rechtsanwalt exculpiert sich einmal: "Meine Frau hebt ihn immer einfach über den Zaun, da habe ich nichts mit zu tun." Und ein paar schweigend gelaufene Schritte weiter der zweite Versuch: "Außerdem ist unserer ja kein richtiger Hund."
Aber manchmal ist Herrchen einfach nicht willens, Dinge so stehen zu lassen; so kam, was kommen musste, ein Konter, der das nette Gespräch beendete: "Naja, als Rechtsanwalt wissen Sie schon, de jure ist es ein Hund und de facto kackt er unkontrolliert auf die Liegewiese." Unser Anwalt beschleunigte seine Schritte, seine Mittagspause hatte sich offenbar urplötzlich verkürzt.