Das Tagebuch von Anton vom Fuße des Westerwaldes

 

Bin ich ein Rotti?  Nun kommt schon  Weizenjagd  Ich hab ein paar K�rner mitgebracht  B�h! Ich bin kein Rotti!  Erfrischungspause  im Springbrunnen  im Hotelgarten  am Hotelteich  Kneippkur  Wanderpause  Bild ohne Anton  Erholung pur  bedrohliche Wetterlage  Zeckensuche  Die Schwarzwaldklinik?  Wir haben keine Ahnung!  die gr�ne H�lle  Zum Schluss F��e waschen und...  ...Saufen.

<<<...Während wir durch die Felder und Wälder von Adendorf streifen, fällt mir eine Geschichte ein, die ich nicht glauben würde, hätte ich sie nicht selbst in dieser Woche erlebt:

Die beiden Sätze, die ich am häufigsten von Fremden zu hören bekomme, sind: "Darf ich den streicheln?" und "Wie heißt er denn?"
Die stereotype Antwort auf die erste Frage ist immer: "Das mag er nicht!" Meist ist damit der Bonbon gelutscht; ich brauche mir nicht mit irgendwelchen wüst nach Kunstdüften stinkenden Händen durch's Fell fahren lassen. Die Fremden schicken automatisch die zweite Frage nach und murmeln dann meist noch etwas über mein gutes Aussehen.-
Natürlich gibt es auch eine Gruppe von Zweibeinern, die geistig nicht so aufnahmefähig sind. Die nähern sich dann trotz der Aussage, dass ich das nicht mag mit ausgestreckter Hand. Kann ich der Hand leicht nach hinten ausweichen, dann mache ich das. Sofort kommt dann die geniale Interpretation: "Mein Gott, ist der aber ängstlich!" Toll, nicht?! Und wir Hunde sollen diejenigen ohne Intellekt sein!?- Kann ich in dieser Situation jedoch nicht rechtzeitig nach hinten flüchten, dann versuche ich den Satz: "Das mag ich nicht!" auf meine Weise herauszubringen, was dank eines nicht unerheblichen Umfangs meines Brustkorbes nach einen ernsthaften Bellen klingt. Schon springen die Fremden wie von einer Tarantel gestochen in die Luft und ich kann mir ein zynisches: "Mein Gott, ist die aber ängstlich!" nicht verkneifen (klingt allerdings auch wie Bellen).
Es gibt eigentlich nur eine Gruppe von Zweibeinern, die mich fast immer streicheln darf, und das sind die Kellner und Kellnerinnen. Mit denen habe ich bisher nur die besten Erfahrungen gemacht. Für eine Streicheleinheit zahlen sie immer mit einer Schale Wasser und dann lassen sie mich völlig in Ruhe unter dem Tisch schlafen.

Letzte Woche nun passierte folgendes:
Ich war gerade in das Auto eingestiegen, nachdem ich einen schönen Spaziergang in den Weinbergen der Ahr hinter mir hatte, und wartete, ob es vielleicht noch ein Stück Brot gäbe, denn das kommt häufiger vor, wenn meine Herrschaften noch irgendwo gegesssen haben.
Ein kleiner Junge lief auf unser Auto zu, wohl um mich zu streicheln, aber dazu kam er nicht, denn seine Mutter rief mit einer Stimme, die das Blut in den Adern gerinnen läßt: Halt! Nein! Das ist ein ganz gefährlicher Hund!
Das ist ein Rottweiler!"

Nun ist es also raus!
Meine Eltern haben mich offenkundig belogen, meine Züchter sind wilde Betrüger und meine Herrschaften einem wahnwitzigen Irrtum aufgesessen: Ich bin gar kein Bäri! Ich bin ein Rottweiler!
Meine langen Haare?
Maskerade!
Mein Gemüt?
Verstellung!
Meine Papiere?
Gefälscht!
Seit die Wahrheit heraus ist, nennen sie mich nicht mal mehr Anton. Jetzt sagen sie, ich sei ein Rotzweiler.
Darüber muss ich erst einmal nachdenken.
Ganz lange!
Wie ein Berner.

Die Sommerferien sind da! Was heißt das für einen Bäri? Zum Beispiel, dass es so warm ist, dass ich immer im Keller schlafen darf. Oder, dass es so warm ist, dass ich keine Sekunde alleine im Auto sitzen bleiben muss.
Am letzten Wochenende zum Beispiel sind wir viel unterwegs gewesen. Erst hat Herrchen seinen Rechner bei jungen Männern abgegeben, damit er wieder flott gemacht wird - was hab ich ein Glück, dass ich kein Rechner bin!
Danach sind wir nach Düsseldorf gefahren und haben einen ganz lieben Künstler und seine Frau besucht. Bei denen gab es ganz viele Bilder und Statuen und Skulpturen zu sehen; die hätten gar keinen Platz für einen Bäri. Und weil sie auch für die großen Statuen keinen Platz hatten, mussten wir einen Kirchturm hinaufkraxeln, um diese anzuschauen. Kaum hatte ich mich gemütlich auf dem kühlen Boden niedergelassen, da begann erst ein Grummeln und ein Erdbeben, dann fingen die Kirchenglocken ganz laut zu dröhnen an. Wahrscheinlich sollte das eine Therapie für mich sein, damit ich Sonntags morgens nicht mehr zu den Kirchenglocken singe. Herrchen verneint aber meine Vermutung; er sagt, er muss den Künstler verstehen lernen, weil er ihm eine Website machen soll. Ob er die macht, kann man sehen unter Wanner-Krause. Von dort sind wir noch zu einem anderen Künstler gefahren, der schon eine Website von Herrchen hat, zu Herrn Löblein.

Am Sonntag ging es dann wieder im Auto los, wir sind in die Pfalz gefahren. Viel gibt es hier aber nicht zu berichten, denn entweder ist es so heiß, dass ich mich kaum bewegen mag, oder es ist so nass, dass man bis auf die Haut durchgeregnet ist, oder es kommt eine Mischung davon: Man liegt in der Hitze neben Herrchen am Tisch und wird vom Kellner mit einem halben Liter Bier begossen. Aber die Zweibeiner behaupten, das sei kein Angriff gewesen. Im Gegenteil, ich sei auch hier sehr willkommen, weil die Besitzerin des Hotels erst vor geraumer Zeit ihren Bäri hat begraben müssen. Er war 13 geworden und sein Vorgänger 11 Jahre. So hat sie Tränen in den Augen gehabt, als wir ankamen und uns vorstellten.

Heute nachmittag haben wir einen Erlebniswald-wanderweg besucht. Wir sind die paar Kilometer im Kreis gelaufen, die Zweibeiner haben ein paar Tafeln gelesen, ich habe mir die Fuchs- und Dachsbaueingänge angeschaut und die Schweinezuchtanstalt im Tal gerochen, aber Erlebnisse gab es eigentlich gar keine, da die Wildschweinsuhle im Plan eingezeichnet war und ich deshalb vor einem möglichen Ausbruchversuch an die Leine genommen wurde. Aber meiner Meinung nach gehört einfach ein Erlebnis dazu, wenn man eine Erlebniswanderung macht. Und allein aus diesem Grund bin ich auf dem Heimweg plötzlich ausgebüchst und quer über ein Feld zu einem Bach gelaufen. Dort bin ich dann verschwunden. Als ich die Rufe und schließlich sogar die Pfeife hörte, hätte ich ja zurücklaufen wollen, aber daran hinderte mich ein enger Stacheldrahtzaun.
Plötzlich tauchte Herrchen über mir am Zaun auf. Er war auch durch das Gebiet von Brennnesseln und Riesen-Bärenklau geklettert, um mich zu suchen und fand mich schließlich. Und dann sah er auch den Stacheldrahtzaun und dass mir der Rückweg unmöglich war.
Während ich bis zum Brustkasten im reissenden Bach stand, redete Herrchen mir ruhig zu, stehen zu bleiben, während er Frauchen zurief, dass sie zur Brücke zurückgehen und von dort auf der anderen Bachseite auf dem Gleisköper der Eisenbahn zu dieser Stelle laufen sollte. So stand ich in den Fluten, Herrchen überlegte, wie er mich sonst noch herausholen könnte und Frauchen rannte auf den Gleisen, immer in der Angst, dass jeden Moment ein Zug kommen konnte.
Tatsächlich kam der auch.
Aber da hatte sie mich gerade eine Minute zuvor zu den Gleisen hochgerufen und von dort zum nächsten Bahnübergang gebracht. Und Herrchen schaffte es auch relativ unbeschadet aus dem Bärenklaufeld zurück. Während er duschte, suchte Frauchen mich nach Verletzungen ab, aber fand keine.- Wie ich durch den Zaun gekommen bin, um im Bach zu spielen? Ich weiß es nicht. Aber eines weiss ich! Das war eine richtige Erlebniswanderung!

Aber auch die Leute im Hotel wissen, wie man den Gästen Erlebnise vermittelt. Ich hatte ja schon erwähnt, dass wir einen zauberhaften Jungkellner hatten, der uns eines Abends bedienen durfte oder musste. Dieser stand an unserem Tisch auf der Terrasse, weil er wohl die Bestellung aufnehmen sollte. Dabei stand er aber kerzengerade und ließ seine Blicke in die unendliche Leere seiner Phantasielosigkeit entgleiten, so dass meine Herrschaften zweimal nachfragten, ob er wohl die Bestellung gehört oder gar verstanden hatte. Wie schon erwähnt, kam er dann mit einem Tablett, setzte ein großes Bier und ein Viertel Wein ab (ohne etwas einzuschenken!) und fing an, mit seinem Tablett zwischen den Händen zu spielen, so dass es gleich einmal auf den Tisch fiel und das Bier über mich und Herrchens Hose ergoss. Dies löste echte Lebenszeichen in ihm aus: während wir wegsprangen, um uns abzutrocknen, begann er wortlos den Tisch wieder herzurichten. Als er fertig war, dachte er, ich könne mich wohl in die Bierpfütze unter dem Tisch legen. Er sah jedenfalls nicht begeistert aus, dass wir den Tisch wechselten. Dann war er gar nicht davon angetan, dass wir nicht nur ein neues Bier wollten, sondern auch ein neues Viertel Wein, diesmal ohne Schaumkrone.- Um die Geschichte kurz zu machen, wegen des Kellners und des Wetters kam ich an diesem Abend während einer einzigen Mahlzeit unter fünf verschiedenen Tischen zu sitzen. Am nächsten Tag fragte uns die Chefin, ob sich der gute Florian für sein Missgeschick entschuldigt habe. Als Herrchen dies verneinte, musste die Dame lachen: "Er muss halt noch viel lernen." Eine Entschuldigung bekam er da aber auch nicht. Aber bei der Abreise gab es die Überraschung; denn da versuchte man wohl, ihm alle Ungeschicke des lieben Florians in Rechnung zu stellen: statt eines Viertels Wein wollte man eine ganze Flasche bezahlt haben. Aber Herrchen bestand darauf, dass wir mit nur einem halben Liter Bier geduscht worden waren, danach hätten wir es nicht mehr gewagt, größere Mengen Flüssigkeit zu bestellen!

Glücklicherweise ging es dann weiter ins Glottertal, wo ich in einem richtig tollen Zimmer mit Balkon gleich umgefallen bin (Bild 13). Vom ersten Abendspaziergang brachte ich dann 12 Zecken mit, die Monika aber alle fand, bevor sie mich ansaugen konnten. Am nächsten Tag ging es dann auf die erste richtige Wanderung. Da alle im Tal davon zu leben scheinen, machten wir uns auf den Weg in Richtung Schwarzwaldklinik, aber Herrchen nahm gleich einmal die erste Möglichkeit links, um den Weg zu verfehlen, und so gingen wir vorbei an Weinhängen (Bild 14) und ständig bergauf und bergab durch den schwarzen Schwarzwald. Bei jeder lichten Stelle wurde ich auf Zeckenbefall untersucht (Bild 15), so dass ich am Ende tatsächlich ganz ohne Zecke ins Hotel kam. Die Schwarzwaldklinik haben wir natürlich nicht gesehen, oder vielleicht doch. Leider hat keiner von uns Dreien auch nur die geringste Ahnung, wie diese Klinik aussehen soll. Aber vielleicht machen wir ja noch einen Versuch sie zu finden.

Bei unserem zweiten Versuch haben wir den richtigen Einstieg gefunden und sind die für zwei Stunden angesetzte Rundwanderung in einer knappen Stunde gelaufen. Da man von dieser Wanderung aus die berühmte Schwarzwaldklinik mehrfach sehen können sollte, habe ich mich gleich mal oben am Waldrand an den Hang gesetzt. Entweder man sieht nun im Hintergrund diese Fernsehklinik, oder es ist der Pfisterhof (Bild 16). Ich weiss es nicht, und ich werde auch keinen Wettbewerb ausschreiben, um es herauszubekommen. Auf jeden Fall war es eine wunderschöne Wanderung durch einen grünen Zauberwald (Bild 18), die ich mit einem erfrischenden Bad in eienm kleinen Bach beenden durfte (Bilder 19 + 20). Als wir etwas später zurück im Hotel waren, zogen meine Leute weiße Bademäntel an, das Zeichen für mich, dass ich ein paar Stunden in Ruhe im Zimmer neben den Koffern schlafen kann.

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